Gute Neuigkeiten in ziemlich tristen Zeiten.
Nachdem bereits das von Sisters e.V. gegen mich eingereichte Eilverfahren auf Unterlassung für den Stuttgarter Verein schlecht ausging, setzt sich das im Hauptsacheverfahren so fort. Die Aussage „Der Sisters – für den Ausstieg aus der Prostitution e.V. nutzt Argumentationen, zeigt Herangehensweisen und Tendenzen auf oder nutzt Verschwörungstheorien, die jeweils strukturell antisemitisch sind“ ist und bleibt von der Meinungsfreiheit gedeckt. Das gilt auch, wenn ich frauenrechtsbewegte, christlich-fundamentalistischen und (ultra-) konservativen Verwender*innen dieser Formulierung dafür kritisiere. Zulässige Kritik muss auf dem Feld eines hart umkämpften Debattenthema hingenommen werden. Entscheidend ist, in welchem Zusammenhang die Äußerung steht. Dieser Kontext ist eine zugespitzte Debatte über Sexarbeit und Menschenhandel, in der gegen Sexarbeit gerichtete Verbotsforderungen erhoben werden. Soweit der juristische Hintergrund der Entscheidung des Landgerichts Berlin.
Seit es diese Klage bzw. zuvor schon den Antrag auf einstweilige Verfügung gibt, wird mir von Unterstützer*innen des Stuttgarter Vereins unterstellt, ich würde „lügen und diffamieren.“ Sisters e.V. selbst setzt dieser Erzählung nichts entgegen. Auf ihrer Homepage gibt es zwar einen Bericht über die im Juni 2023 gegen mich erzielte Einstweilige Verfügung auf Unterlassung. Die zwei weiteren Urteile aus Februar 2024 und Februar 2025, beides Niederlagen für den Verein, werden dort nicht erwähnt. Auch das Medium EMMA verfährt auf diese Weise. Das begünstigt Anschuldigungen gegen mich, die aus Fehlinformationen fußen. Das Ergebnis ist eine mehr und mehr vergiftete Debatte, in der sowieso viel zu viel über Sexarbeiter*innen und viel zu wenig mit uns gesprochen wird.
Stichwort: Zulässige Kritik
Ich habe 2023 nicht irgendeine Anschuldigung ins Blaue ausgesprochen, sondern zuvor Anhaltspunkte und Literatur zu Antisemitismus in der historischen Frauenrechtsbewegung und zu modernen Verschwörungserzählungen recherchiert. Der Begriff Prostitutionslobby unterstellt, politisch aktive Sexarbeitende steckten mit Kriminellen, Ausbeutern und einer „Sex-Industrie“ unter einer Decke. Ich vertrete die Ansicht, dass so eine gezielt gegen die Glaubwürdigkeit von Sexarbeiter*innen gerichtete Verschwörungserzählung verbreitet wird. Im Fall von Prostitutions-, Gender- und Translobby kommen zudem auch strukturell antisemitische Aufladungen vor, die historisch belegbar und überprüfbar sind. Was sie nicht sind: Aus der Luft gegriffen.
Umso ignoranter ist es, auf eine solche Anmerkung mit Abmahnung, Klage und Strafanzeige wegen Beleidigung zu reagieren, wie es der Stuttgarter Verein tat.
„Alle Gelder werden zu 100% für Hilfe und Aufklärung eingesetzt.“
Kann man machen, kostet aber den Verein nun schon zum zweiten Mal richtig viel Geld.
Geld, das der Verein laut eigener Aussage eigentlich ganz anders verwendet:
„SISTERS lebt ausschließlich von Spenden. Wir benötigen dringend Geld für Prostituierte à Sexarbeiter*innen (Anm. der Autor*in) in Not und für die Hilfe zum Ausstieg. Der Vorstand arbeitet ehrenamtlich. Alle Gelder werden zu 100 Prozent für Hilfe und Aufklärung eingesetzt.“
Hört, hört. Was ist diese Klage gegen eine Sexarbeiter*in Eurer Meinung nach: Aufklärung oder Hilfe?
Wer mehr wissen will: Bestellt mein Buch Warum sie uns hassen – Sexarbeitsfeindlichkeit vor!
https://www.rootsofcompassion.org/Warum-sie-uns-hassen