Aus dem Nähkästchen: Der Duft ihrer Hand

Die Geschichte von M führt in ein Geheimgefängnis eines matriarchalischen Gesellschaftssystems. M träumt davon, wie dort Verhöre ablaufen und welchen Nutzen die Gefangenen haben…Leicht gekürzt an bestimmten Stellen. 😉

Es gibt Gründe, warum offizielle Stellen die Existenz von Einrichtungen wie Geheimgefängnis X-5 leugnen. Zum einen ist es -wie der Name schon verrät – in weiten Kreisen quasi nicht existent, zum anderen möchte keine Bürokratin wirklich wissen, was in den Verhörverließen tief unter der Erde vor sich geht. Es wird schon alles seine Richtigkeit haben, oder?

Aber selbst diesen Damen in ihren warmen Verwaltungsbüros würden die Ohren schlackern, wenn sie wüssten, was in den untersten Etagen der Einrichtung vor sich geht. Da, wo die Sonne niemals scheint, ummantelt von Stahlbeton und getaucht in kaltes Neonlicht, werden die Männer, die keinen anderen Nutzen für das neue Matriachat mehr erfüllen, Aufrührer oder Widerständler, zum Wohle der Fortpflanzung ausgepresst wie Zitronen…
Verhörspezialistin Oberst Ruby…Der Titel war nur bedingt zutreffend, denn das Aufgabenfeld welches ihr zugeteilt war beinhaltete weitaus mehr. Heute war sie in Ebene -20 eingeteilt. Dort unten, in den Tiefen des Gefängnisses waren die Männer weggesperrt mit denen das Matriarchat fertig war. Sie hatten alle Geheimnisse gestanden, sie waren gebrochen oder unkorrigierbar renitent. Auf jeden Fall waren sie ungeeignet um zurück in die Gesellschaft entlassen zu werden. Doch einen Nutzen hatten auch sie noch: Sediert und immobilisiert waren sie an Maschinen angeschlossen, die sie 3 mal am Tag abmolken. Ihr Saft ging dann direkt ins Ministerium für Fortpflanzung.
Sensorisch abgeschirmt und streng fixiert verbrachten diese Exemplare der ehemals herrschaftlichen Männlichkeit ihr Leben der sich immer wiederholenden Agonie ihrer einzigen verbliebenden Kernkompetenz: Der Fortpflanzung.
Leider hatte sich über die Jahre herausgestellt, dass die Objekte schon nach kurzer Zeit die Produktion zurückfuhren. Es schien nötig zu sein, sie zumindest ein bisschen zu motivieren und ihre niederen Instinkte anzusprechen.
Es verhielt sich ein bisschen wie bei Hunden, die anfangen zu sabbern, wenn sie das klappern der Futterschüssel hören: Den Objekten wurde eine Bezugsperson zugeteilt, auf die sie trainiert wurden. Am Ende einer erfolgreichen Konditionierung war es möglich, durch einfache Reizerzeugung den gewünschten Effekt zu erhalten.
Oberst Ruby war heute für die Konditionierung von Nr24 eingeteilt. Sie hatte sich über die Jahre ein perfektes System aus Demütigung, Angst und Belohnung konzipiert und hatte keine Zweifel, Nr24 so in kurzer Zeit in die Spur zu bekommen: Um dafür zu sorgen, dass Nr24 niemals vergaß, wer über sein Wohl und Wehe entschied, war ein getränkter Knebel eine exzellente Wahl. (…) Unterstützt wurde das Ganze durch ein ausgeklügeltes System der Atemkontrolle. Oberst Ruby teilte mit ihrer Hand die Atemluft zu. Dies hatte mehrere Effekte, die sich ergänzten: Nr24 würde lernen, dass Oberst Ruby über fundamentale Dinge wie das Erhalten von Sauerstoff gebot. Eine besseres Abhängigkeitsverhältnis war kaum möglich. Gleichzeitig war der Duft ihrer Hand der einzige Sinneseindruck, der zur Verfügung stand.
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