Gips as gips can …

Gipsfetisch – eine Annäherung

Ich mag ja ausweglose Fesselungen, die Hilflosigkeit nicht nur suggerieren, sondern auch einhalten: Folie, Segufix, Zwangesjacke – ach, das sind meine Freunde, aktiv und passiv gleichermaßen.

Anfang des Jahres hatte ich mir ein Bein gebrochen- damals war ich sehr froh, dass ich keinen Gips bekam. Das Thema der Auslieferung an die Ärzte in der Notaufnahme war in dem Moment nicht wirklich lustvoll, aber es hat schon meine Fantasie angeregt.

Eine Aussage, die ich sehr teile und für zutreffend halte, ist diese:

Das Universum liefert auf Bestellung.

Vor einigen Wochen erreichte mich eine Anfrage, ob ich mich auch passiv eingipsen lassen würde. Mein erster spontaner Gedanke war: JA! Sofort. Ich kann mich sehr leicht entscheiden, mein erster Impuls ist meist der, welcher am Ende siegt. Kurz drauf meldeten sich die Zweifel. Meint der es überhaupt ernst? Ist das nur wieder ein Fake? Wir haben dann telefoniert und da war ich mir sicherer, dass der Gipsmeister, nennen wir ihn doch einfach so, ein ernsthaftes und konkretes Anliegen hatte. Und es kam noch besser, ich würde es lernen können, selbst zu gipsen. Jackpot!

Ich liebe es den Spieß umzudrehen, wenn ich einmal weiß wie ein Fetisch „funktioniert“. Klinik macht mich eh an, aber stilvoll, hocherotisch kühl und distanziert. Es bringt physische und psychische Auslieferung zusammen und kombiniert klinische Sterilität mit schwüler Erotik. Heiß und kalt, nah und fern, nirgendwo ist der Gegensatz so ausgeprägt wie in der weißen Erotik.

Das Gipsen selbst ist solides Handwerk. Man benötigt ein paar Grundlagen und Zeit. Es ist ein erdiger Geruch, der den Raum erfüllt, wenn die Kalkbinden einweichen. Und ein feucht kühler Touch, wenn sie sich auf die Haut legen. Langsam verschwindet auch das letzte Fitzelchen der Haut unter den weißen Lagen. Die Oberfläche wird immer wieder gestreichelt und massiert, so dass ein gleichmäßiger Gipsfilm entsteht. Kurz darauf wird der Gips durch eine chemische Reaktion mit dem Wasser warm. Eine seltsame, indirekte Wärme ist das. Gips ist sehr schwer. Ich bekam an diesem Tag eine Gipsschiene an den linken Arm und einen Vollgips an das rechte Bein bis zur Mitte des Oberschenkels. Es schafft ein Gefühl der Bewegungslosigkeit und der Auslieferung. Die Session ist von Anfang bis Ende ein Hochgenuss, vom Anlegen des Kliniknachthemdes, dem Engelshemdchen, wie ich vom Gipsmeister gelernt habe, über das Ausrichten des zu gipsenden Körperteiles, sowie das Hinlegen im Klinikbett, die ersten Gehversuche mit dem Gips bis hin zu dem kreischenden Geräusch der Gipssäge.

Für mich war diese Session rund um das Thema Gips ein absolutes Aha-Erlebnis, auf das hoffentlich noch viele folgen werden. Dem Gipsmeister sei hier mein Dank ausgesprochen und ich freue mich schon sehr darauf einmal selbst Hand an den Gips anlegen zu dürfen.